Weiltalbahn 1 200x150Bereits vor dem Kriege 1870/71 wurde im Nassauer Land die Schaffung einer Bahnverbindung von Frankfurt nach Weilburg erwogen. Eine Bahn von Frankfurt nach Homburg wurde gebaut, jedoch fehlte es immer an der Verwirklichung der Strecke Homburg - Weilburg, Insbesondere wurde dieses Projekt von der Stadt Usingen gefördert, die dringend eines Bahnanschlusses bedurfte. Als die Vorbereitungen für diese Strecke im Gange waren, trat eine unerwartete Schwierigkeit auf. Auch im oberen Weiltal, insbesondere in den Orten Niederreifenberg und Schmitten, verlangte man einen Bahnanschluß.

In den Orten des Weilthales findet seit einigen Monaten eine überaus lebhafte Agitation statt, welche die Erbauung einer Eisenbahn von Oberursel nach Weilburg zum Zweck hat.

Mit diesen Worten beginnt der Bericht im "Weilburger Tageblatt" von 1889, mit dem zum ersten Mal das Projekt des Baues der Bahn durch das obere Weiltal der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt wurde.

In fast allen Dörfern des oberen Weiltales fanden damals, im Jahre 1889, Versammlungen statt, in denen der Bahnbau Gegenstand umfangreicher Debatten war. Der Vorschlag sah folgende Linienführung vor: Von Oberursel aus dem Urselbach folgend zum "Fuchstanz", von hier durch einen Tunnel, der bei Niederreifenberg in das Weiltal einmündet, mit einer Streckenführung bis Weilburg.

Man versprach sich von dem Projekt: Eine solche Bahn würde nicht nur das an großartigen Fabrikwerken reiche obere Urselbachtal, sondern auch die industriereiche Grafschaft Reifenberg und das mit Eisenerz gesegnete untere Weiltal dem Verkehr erschließen. Nassauische Landtagsabgeordnete wollten sich dieses Planes annehmen und ihn in Berlin vertreten.

Günstiger sah es mit dem ebenfalls seit Jahren betriebenen Plan einer Bahn von Weilburg über Weilmünster nach Laubuseschbach aus. Dieses Projekt wurde besonders von den Usingern gefordert, die beim Bau der Teilstrecke Weilburg Weilmünster wenigstens einen Teil ihres Planes der Verwirklichung nahe sahen.

Weiltalbahn 2 200x150Im Januar 1889 fiel die Entscheidung, und zwar wurde von dem Minister der Öffentlichen Arbeiten im Rahmen des Berichtes über die Bauausführung und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung mitgeteilt, daß die gesetzlichen Vorbedingungen für den Bau einer Eisenbahnstrecke von Weilburg nach Laubuseschbach gesichert seien. Die Vorarbeiten sollten bereits am 1. April 1889 beendet sein, Die Baukosten waren mit 1,9 Millionen veranschlagt.

Bereits am 1. Februar 1889 trafen die mit der Bauausführung beauftragten Ingenieure in Weilburg ein. Damit war das seit dem Jahre 1887 betriebene Projekt in den Zustand der Ausführung getreten. Ungünstiger sah es mit der Weiterführung der Bahn von Weilmünster nach Usingen aus. Die Usinger waren nicht müßig und wurden immer wieder im Ministerium vorstellig, um ihren Plan in die Tat umzusetzen. Einmal waren keine Mittel mehr vorhanden, zum andern hatte das Projekt der Bahn durch das obere Weiltal alle Vorbereitung in Berlin wieder umgeworfen, so daß die Verwirklichung der Weiterführung Weilmünster - Usingen sehr in Frage gestellt war.

Von der Bevölkerung des oberen Weiltales wurde eine Petition nach Berlin geschickt und darin die Linie Oberursel - Niederreifenberg - Weilburg gefordert und begründet. Da aber die Schwierigkeiten einer solchen Streckenführung zu groß waren, wurde bereits am 8. Februar 1889 von einem nassauischen Landtagsabgeordneten ein Kompromißvorschlag im Landtag unterbreitet. Er schlug vor, die Linie von Usingen bei Brombach und Hundstadt in das Weiltal zu führen. Doch bis zur Verwirklichung ging noch manches Jahr ins Land. Durchgeführt wurde nach langen Verhandlungen doch der ursprüngliche Plan.

Die Arbeiten an der Strecke Weilburg - Weilmünster- Laubuseschbach gingen dagegen stetig voran. Bereits am 1. März waren alle Pläne fertiggestellt und wurden zur Einsicht offengelegt.

Schwierigkeiten tauchten jedoch noch einmal in Weilmünster auf, wo man sich nicht über die Lage des Bahnhofs einig werden konnte. Die Eisenbahnbehörde wollte den Bahnhof auf die linke Weilseite legen, in Weilmünster war aber ein Teil der Bevölkerung anderer Ansicht und verlangte, daß der Bahnhof auf die rechte Seite kommen solle. Schließlich siegte die Eisenbahnbehörde.

Am 3. Juni wurden die Arbeiten der 4,2 km langen Teilstrecke Weilburg - Freienfels einschließlich Gensbergtunnel ausgeschrieben. Der Baubeginn erfolgte am Tunnel.

So war bei Jahresschluß 1889 die Bauausführung der Linie Weilburg - Laubuseschbach nicht nur gesichert, sondern sogar die erste Teilstrecke bis Freienfels fast fertiggestellt.

Leider ereignete sich im November 1890 ein großer Unglücksfall, der zwei italienischen Arbeitern das Leben kostete. In einer bei Freienfels stehenden Kantine (sie stand an der Weilstraße rechts der Einfahrt zum Rigastollen), in der im Obergeschoß die Schlafräume der Arbeiter waren, brach Feuer aus, in dessen Flammen die zwei Männer umkamen.

Am 1. November 1891 wurde die Strecke Weilburg - Weilmünster eröffnet, am 15. Mai 1892 konnten die Züge bis Laubuseschbach fahren.

Die Bergwerke im unteren Weiltal waren nun in der Lage, mit der neueröffneten Bahn die Erze schnellstens in die Nähe der Hochöfen zu bringen. Das galt für die Bahnhöfe Freienfels (Phosphoritabbau), Essershausen, Weilmünster, Rohnstadt und Laubuseschbach (Eisenerz). In allen Bahnhöfen wurden täglich Erzwaggons abgefertigt.

Die nächste Teilstrecke von Homburg nach Usingen wurde am 15. Oktober 1895 eröffnet.

Aber für die Benutzer der Weilbahn war am 1. Juni 1909 ein entscheidender Tag, denn die Teilstrecke Weilmünster - Usingen ging an dem genannten Tag in Betrieb.

Man konnte nun durchgehend von Weilburg nach Frankfurt fahren mit einer dampfbetriebenen Bahn, die Steigungen von 1:70 bis 1:40 zu überwinden hatte.

Die Höhe über Meeresspiegel in Weilburg 138,23 m (km 22,9)
Die Höhe über Meeresspiegel in Freienfels 146,33 m (km 19,64)
Die Höhe über Meeresspiegel in Grävenwiesbach 326,5 m (km 0,0)
Die Höhe über Meeresspiegel in Wilhelmsdorf 399,45 m (km 22,8)
Die Höhe über Meeresspiegel in Saalburg 239,45 m (km 6,9)

Die eingleisige Strecke benötigte im Bahnhof Freienfels durch den Übergang auf die Hauptstrecke in Weilburg eine besondere Signalanlage. Das Ausfahrsignal in Freienfels konnte nur bedient werden, wenn die Blockstelle Gensberg (Weilburg) die Erlaubnis gab.

Der Verschluß des Signals wurde durch eine sogenannte Blockbedienung im Stellwerk Gensberg beseitigt. Umgekehrt konnte ein Zug von Weilburg nach Freienfels nur mit Erlaubnis des Bahnhofs Freienfels auf die Strecke einfahren.

War ein Zug im Streckenabschnitt, blieben die beiden Ausfahrsignale in Freienfels und Weilburg in Haltestellung verschlossen. Der Verschluß wurde beseitigt, wenn der Fahrdienstleiter der Einfahrstelle z.B. Freienfels nach Beobachtung des Zugschlußsignals die Strecke für eine neue Zugfahrt frei machte; dazu mußte das Einfahrsignal vorher auf Halt gestellt worden sein. Der Verschluß des Ausfahrsignals in Weilburg wurde beseitigt. Zusätzlich erfolgte eine telefonische Zugmeldung, die den Zug ankündigte.

Durch diese Einrichtung wurde sichergestellt, daß nur ein Zug auf der Strecke sein konnte und der nächste erst folgen durfte, wenn der vorausgefahrene Zug die Strecke verlassen hatte.

Diese Sicherungseinrichtung ist durch ein Gesetz in Form der Eisenbahn- Bau- und Betriebsordnung vorgeschrieben und fordert die sogenannte Signal und Blockabhängigkeit, die Fahrtrichtung und Zugfolge regelt.

Der Bahnhof hatte eine handbediente Fernschranke an der Weinbacher Straße. Die Schranke wurde, nachdem der Zugverkehr wegen Einschränkungen im Fahrplan vereinfacht wurde, durch eine Blinklichtanlage ersetzt. Die Weichen im Hauptgleis waren durch Schlösser verschlossen und standen mit den Signalen in Abhängigkeit.

Die Bediensteten arbeiteten in zwei Schichten. Die Leitung des Bahnhofs hatte der Vorsteher, der auch Fahrdienstleiter, Fahrkartenverkäufer und Güterabfertiger war.

Weiltalbahn 3 200x150In Freienfels wohnte der Vorsteher im Bahnhof und hatte die Verantwortung über Bahnhof und umliegendes Gelände. Der zweite Mann wohnte privat in Bahnhofsnähe. Als Bedienstete arbeiteten im Bahnhof Freienfels die Herren Friedrich, Würges, Zanner, Zimmermann, Becker, Fürbeth und viele andere.

Die Kriegsereignisse 1939 bis 1945 brachten den Bahnhöfen der Strecke große Belastungen durch Transportzüge der Wehrmacht und in den letzten Kriegsjahren durch Tieffliegerbeschuß. So kam es im Bahnhof Essershausen am 9. September 1944 um 17.07 Uhr zu einem Tieffliegerangriff auf einen Güterzug, bei dem ein langjähriger Fahrdienstleiter von Freienfels, Hermann Becker aus Weinbach, den Tod fand. Der Lokführer Albert Becker wurde schwer verletzt, ebenso der Zugführer Stoll. Die Jagdflugzeuge, die mit deutschen Hoheitsabzeichen flogen, kamen so überraschend, daß es für die Bediensteten keine Schutzmöglichkeit gab.

Über lange Zeit hatte die Weilbahn einen verbindenden Charakter zu den Industriezentren. Der verstärkt aufkommende motorisierte Straßenverkehr brachte einen Rückgang im Personenverkehr, so daß man Züge ausfallen ließ und damit das Verkehrsangebot minderte, bis die Unrentabilität eintrat.

Es kann angenommen werden, daß die parallel zur Bahnlinie betriebene Buslinie der Deutschen Bundesbahn die Unrentabilität beschleunigte. Nach 1960 wurde der Personenverkehr nach Laubuseschbach eingestellt. Am 28. September 1968 fuhr der letzte Güterzug, dann wurde die Strecke nach 76 Betriebsjahren still gelegt.

Weiltalbahn 4 200Am 27. September 1969 kam auch das Ende der Weilbahn Weilburg - Grävenwiesbach. Mit einer "Letzten Fahrt" verabschiedete sich die festlich geschmückte Dampflok 050042 von der Strecke. Die Anteilnahme der Bevölkerung an der Strecke war rührend.
78 Betriebsjahre waren es, und wie hart wurde um Strecke und Baubeginn gekämpft eigentlich eine kurze Betriebszeit für ein so großes Bauwerk. Heute, 1984, liegen die Gleise noch von Weilburg bis Weilmünster und werden bei Bedarf mit vereinzelten Gütertransporten befahren.

Der Bahnhof Freienfels ist in seiner schönen baulichen Form an die Familie Koch verkauft und wird als Wohnhaus genutzt. Die äußere Form des Bahnhofs ist noch erhalten und wird uns hoffentlich noch lange an die vergangene Zeit erinnern.

von Georg Nikolaus, vervollständigt von Albert Baumann aus "Freienfels - Entstehung, Geschichte und Leben des Ortes mit seiner Burg im unteren Weiltal"